Eurolöhne verstossen gegen das Freizügigkeitsabkommen

Heute ist die schriftliche Stellungnahme von FDP-Regierungsrat Adrian Ballmer zu den von Gewerkschaftssekretär und SP-Landrat Andreas Giger-Schmid gestellten Fragen im Zusammenhang mit den Eurolöhnen in der Region Nordwestschweiz erschienen. Die Unia Nordwestschweiz findet die Aussagen von RR Ballmer in höchstem Masse unbefriedigend und fordert eine seriöse Prüfung durch den Regierungsrat.

 

Zahlreiche Unternehmen in der Region haben in jüngster Zeit die Auswirkungen des Wechselkurses auf die Arbeitnehmenden übertragen und beschlossen für Grenzgänger eine Anbindung des Lohnes an den tiefen Euro bzw. deren Lohn neu in Euro auszubezahlen. Aus diesem Grund hat SP-Landrat und Gewerkschaftssekretär Andreas Giger-Schmid anlässlich einer Fragestunde den Regierungsrat gefragt, was er gegen solche diskriminierenden Vorgehensweisen zu tun gedenke.

Gemäss den Aussagen von Regierungsrat Adrian Ballmer offensichtlich nichts. Denn Herr Ballmer sieht weder einen Verstoss gegen das Freizügigkeitsabkommen der EU, noch eine unzulässige Diskriminierung der ausländischen Arbeitnehmenden.

 

Ein Verstoss gegen das Freizügigkeitsabkommen

Regierungsrat Ballmer liegt jedoch nach einer juristischen Analyse des SGB grundfalsch. Gemäss dem Freizügigkeitsabkommen (FZA) zwischen der EU und der Schweiz dürfen Schweizer und EU-Arbeitnehmende nicht unterschiedlich behandelt werden. Das Diskriminierungsverbot in Art. 2 FZA (präzisiert in Art. 9 Abs. 1 Anhang FZA) verbietet eine unterschiedliche Behandlung nach Nationalität oder Wohnort. „Deshalb können wirtschaftliche Gründe wie die Änderungen des Wechselkurses solche Diskriminierungen nicht rechtfertigen“, sagt Gewerkschaftssekretär Andreas Giger. Der Arbeitgeber kann somit nicht allein für seine aus der EU stammenden Arbeitnehmer oder nur für Grenzgänger den Lohn an den Wechselkurs anbinden. Völlig ausser Acht lässt Adrian Ballmer, dass eine Lohnzahlung in Euro bzw. die Anpassung des Lohnes an einen ungünstigen Euro-Kurs nichts anderes ist als eine Überwälzung des Unternehmerrisikos auf die Arbeitnehmenden. Genau das jedoch untersagt unser Arbeitsrecht. „Der Wechselkurs ist Teil des Unternehmerrisikos, der Arbeitgeber muss dieses vorausschauend übernehmend. Er allein profitiert ja auch davon, wenn der Wechselkurs in die andere Richtung ausschlägt und so den Ertrag des Unternehmens steigert“, sagt Unia-Sekretär Giger.

 

Einseitige Lohnsenkungen retten keine Arbeitsplätze – im Gegenteil

Die Unkenntnis über das geltende Freizügigkeitsabkommen von FDP-Regierungsrat Ballmer als ist das Eine. Das Andere ist, dass der FDPler glaubt mit einseitigen Lohnsenkungen die Arbeitsplätze erhalten zu können. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn es den Unternehmen in der Region erlaubt ist, Grenzgänger zu billigeren Konditionen zu beschäftigen als Inländer, werden sie das auch machen. Die Folge ist entweder eine Verdrängung der Inländer aus dem Arbeitsmarkt oder aber Lohnsenkungen auch für Inländer.

 

Wenn FDP-Regierungsrat Ballmer einseitge Lohnsenkungen nicht nur als statthaft, sondern sogar als wirksames Mittel gegen den Verlust der Arbeitsplätze sieht, dann verkennt er den einfachen betriebs- und volkswirtschaftlichen Mechanismus. Wie dieser funktioniert, machte jüngst ausgerechnet der Präsident des Arbeitgeberverbandes Basel-Stadt, Marc Jaquet, vor: kurzerhand beschloss dieser in seinem Unternehmen, der Jaquet Technology Group, für alle Grenzgänger ab dem 1. September die Löhne in Euro auszuzahlen. Die Unia Nordwestschweiz verurteilt ein solches diskriminierendes und gegen das Freizügigkeitsabkommen verstossende Verhalten auf’s Schärfste und fordert den Regierungsrat auf, wirksame Massnahmen dagegen zu ergreifen.