Mehr Schutz vor Lohn- und Sozialdumping im Schweizer Grenzgebiet!
Um mehr als 200 000 Franken Lohn- und Sozialbeiträge hat ein Unternehmer aus Neuenburg (D) in den vergangenen zwei Jahren Arbeiter in der Schweiz betrogen. Die zuständigen Gerichte und Behörden haben nun verfügt, dass auf juristischem Wege kein grenzüberschreitendes Verfahren möglich sei. Vertreter der schweizerischen Gewerkschaft Unia, der IG-Bau (D) sowie des Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) bekräftigten heute in Anwesenheit von Medienvertretern beider Länder vor dem Wohnhaus des Unternehmers die Forderung nach flankierenden Massnahmen.
Im Jahre 2005 übernahm der Unternehmer Ralph Thomas die auf Betonsanierung und Korrosionsschutz spezialisierte Firma Schmutz AG in Weil am Rhein (D). Mit dem guten Renommé der Mutterfirma Thyssen-Krupp ausgestattet, bewarb er sich in den Jahren 2006 und 2007 erfolgreich um lukrative Aufträge in der Nordwest- und Ostschweiz sowie im Wallis. Doch recht bald zeigte sich, dass er es weder mit den Löhnen und Sozialbeiträgen, noch mit Verbindlichkeiten gegenüber anderen Firmen allzu genau nahm. Als einige Arbeiter im Frühjahr 2007 mit einem Warnstreik endlich die Begleichung ihrer Forderungen erwirken wollten, kündigte er ihnen. Und so ist die Liste der Geprellten, darunter im Übrigen auch Grenzgänger aus Deutschland, lang geworden. Im August 2007 meldete Thomas sowohl für die Firma Schmutz AG in Weil (D) sowie für die eigens in Pratteln (CH) gegründete Briefkastenfirma Thomas AG Konkurs an.
Seitdem sind sämtliche juristischen und behördlichen Interventionen ins Leere gelaufen. Faktisch haben Schweizer Gerichte und Konkursämter keine Möglichkeit, an das Kapital oder Vermögen von Thomas ranzukommen. Folgerichtig hat das Konkursamt Liestal am 26.2.2009 die Einstellung sämtlicher Verfahren verkündet, was jedoch einer Kapitulation gleichkommt.
Es handelt sich bei diesen Vorgängen um keinen Einzellfall. Dies ergibt sich aus dem jüngsten Bericht der Zentralen Paritätischen Kontrollstelle (ZPK) Basel-Land über die Ergebnisse von Lohnbuchkontrollen bei deutschen Handwerksbetrieben, die Aufträge im Kanton Basel-Land ausführen. Bei ca. einem Drittel der 1502 im Zeitraum zwischen 2004 und 2008 kontrollierten Betriebe wurden Verstösse gegen gesetzliche und gesamtarbeitsvertragliche Bestimmungen festgestellt. Weil deutsche Gerichte sich für nicht zuständig erklären, sind der Vollzug und die Betreibung der ausstehenden Forderungen faktisch unmöglich.
Der Fall des Unternehmers Thomas zeigt exemplarisch die Notwendigkeit flankierender Massnahmen bei der Liberalisierung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen auf. Im Kanton Basel-Land sollen genau aus diesem Grund ab dem 1. April 2009 Bau- und Handwerksfirmen Firmen, die Aufträge im Kanton ausführen, eine Kaution von 20 000 Franken hinterlegen, die sie nach korrekt abgewickelten Aufträgen rückerstattet bekommen. Bekanntlich laufen die südbadischen Industrie- und Handwerkskammern sowie die Bauwirtschaft Südbaden Sturm gegen diese eigentlich symbolisch zu nennende Kaution. Von Diskriminierung und Protektionismus ist dabei schnell die Rede, vom gut verdienten Geld geschweige denn vom Lohndumping hingegen nicht.
Weitere Informationen
Holger Schatz, Gewerkschaft Unia, Kommunikation und Kampagnen
Jürgen Höfflin, Regionsvorsitzender Deutscher Gewerkschaftsbund Südbaden-Hochrhein Daniel Münger, Präsident Zentrale Paritätische Kontrollstelle (ZPK)