Massnahmen gegen die Krise: 7-Punkte-Programm für einen starke Region Nordwestschweiz

Am 8.12.2008 stellten der Basler Gewerkschaftsbund (BGB) sowie der Gewerkschaftsbund Baselland (GBBL) auf einer gut besuchten Medienkonferenz ein Sofortprogramm zur Stärkung der regionalen Wirtschaft und der Beschäftigung vor.

Die Finanzkrise hat gezeigt, wie verletzlich und labil ein wild wuchernder, unkontrollierter Kapitalismus ist. Finanzinstitute, Banker und Hedge Fund Manager haben in den letzten Jahren sagenhafte Profite, Boni und Spitzenlöhne eingefahren, gleichzeitig eine ganze Branche an den Rand des Ruins gebracht und die Weltwirtschaft in eine Rezession geritten. Nun braucht es den Staat, um die Grossbanken vor dem Zusammenbruch zu retten. In der Schweiz hat die öffentliche Hand in den letzten Jahren Milliarden auf Kosten der Arbeitslosen, Invaliden und Rentner gespart, um den Reichen Steuergeschenke machen zu können. Nötige Investitionen in die Infrastruktur wurden aufgeschoben, um die Staatsquote tief zu halten, dem privaten Sektor den nötigen „Freiraum“ zu verschaffen und im so genannten Steuerwettbewerb zu bestehen. Jetzt muss die UBS vom Staat mit 68 Milliarden saniert werden und dies wird praktisch von allen Seiten abgenickt.

Die weltweite Rezession wird sich in der Schweiz vor allem auf die Finanzwirtschaft und auf die exportorientierte Betriebe und die damit eng verbundenen Branchen auswirken. Sie wird unweigerlich auch unsere Region treffen und neben Verlusten an Arbeitsplätzen und bei der regionalen Kaufkraft auch Einbussen bei den Steuereinnahmen von Kanton und Gemeinden zur Folge haben.

Die Wirtschaft der Nordwestschweiz ist stark von der chemisch-pharmazeutischen Industrie und der Logistikbranche geprägt. Daneben verfügt die Region Nordwestschweiz über einen starken gewerblichen Sektor, wichtige Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie einen Service Public, der die Sparrunden der letzten Jahre einigermassen intakt überstanden hat. Ausserdem hat die Region Nordwestschweiz eine gewisse Tradition in der Förderung alternativer Technologien und eine dafür sensible Bevölkerung.

Jetzt muss diese Realwirtschaft gestärkt werden. Mit der Förderung einer diversifizierten Binnenwirtschaft soll auch das Klumpenrisiko des dominanten exportorientierten Sektors vermindert werden. Die Krise, die verbunden ist mit einer Energiekrise, kann auch eine Chance sein, in der Region die Entwicklung und Produktion alternativer Energien zu fördern und die Region unabhängiger zu machen von fossilen Brennstoffen.

Zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Beschäftigung, sowie zur Ankurbelung der Binnenwirtschaft werden folgende Massnahmen verlangt:

1) Konjunkturbedingt ist es notwendig, nicht nur das angestrebte Investitionsvolumen zu halten, sondern dies gar zu erhöhen. D.h., dass an den vorgesehenen Investitionen auch angesichts evtl. geringerer Einnahmen durch die Finanzkrise festzuhalten ist. Darüber hinaus werden Infrastrukturvorhaben der Jahre 2010, 2011 und 2012 bewusst vorgezogen werden, um die Beschäftigung zu sichern. Hierbei stehen im Vordergrund

- der öffentliche Verkehr und der Langsamverkehr

- Sanierungs- und Erneuerungsvorhaben an kantonalen Gebäuden

- Infrastrukturverbesserungen im Bildungs- und Gesundheitssektor

- energiesparende Investitionen an kantonalen Gebäuden sowie Investitionen in CO2-neutrale Technologien der Energie- und Wasserversorgung.

- die Sanierung von Deponien mit Altlasten aus Gewerbe und chemischer Industrie.

Sämtliche Energievorlagen die in den beiden Kantonsparlamenten eingereicht werden oder bereits eingereicht sind, werden prioritär behandelt. Für alle neu zu errichtenden öffentlichen Gebäude gilt zudem ab 1.1.2009 mindestens Minergie-Plus-Standard.

2) Zur Förderung der Beschäftigung in Industrie und Gewerbe sowie zur Reduktion des CO2 bzw. zur Erreichung der Klimaziele errichten die Kantone Basel-Stadt und Basellandschaft Sonderfonds in der Höhe von mindestens 100 Millionen Franken. Daraus werden finanziert:

- Ausrichtung eines Investitionsbonus für Gemeinden und öffentlich-rechtliche Körperschaften bzw. Betriebe, die mehrheitlich der öffentlichen Hand gehören. Dieser soll 20% der Investitionssumme betragen und für die Sanierung von Gebäuden und Infrastruktureinrichtungen bereitgestellt werden. Dazu gehören insbesondere alle Investitionen, welche den Energiehaushalt von Gebäuden und in der Infrastruktur verbessern. 

 - Für die energietechnische Sanierung an privaten Gebäuden sowie Investitionen in Technologien, welche fossile Brennstoffe einsparen oder ersetzen, spechen die Kantone Beiträge von 20 - 40% aus.

 -  Sämtliche privaten Neubauten mit mindestens Minergie-Plus-Standard werden steuerlich begünstigt.

3) Der Service Public darf nicht mehr unter den Sparprogrammen leiden sondern soll als wichtiger Standortfaktor gestärkt werden. Der Service Public funktioniert nur, wenn in den öffentlichen Betrieben, im Gesundheitssektor, in den Bildungseinrichtungen usw. genügend und motiviertes Personal vorhanden ist. Der öffentliche und private Konsum wird in den nächsten Monaten eine wichtige Stütze der schwächelnden Konjunktur sein. Dies aber nur, sofern die richtigen, politischen Weichen gestellt werden. Nebst Qualifizierungsmassnahmen gehören dazu eine Personalpolitik, welche den öffentlichen Angestellten ein angemessenes Lohnniveau garantiert, der Ausgleich der Teuerung und der bestehenden Reallohnrückstände sowie eine Verkürzung der Arbeitszeit.

4) Die Regierungen arbeiten neue Steuerpakete aus, die bei Einkommen über einer halben Million pro Jahr und bei Vermögen über 5 Millionen eine Sonderabgabe erheben, um die Folgen der Finanzkrise abzumildern und untere und mittlere Einkommen sowie Familien mit Kindern zu entlasten. Hierfür sollen die Kinderzulagen auf Fr. 300.— und die Ausbildungszulagen auf Fr. 350.— erhöht werden.

Die Kantone Basel-Stadt und Basellandschaft setzen sich für eine bundesweite, einheitlich festgesetzte Erbschaftssteuer ein

5) Die Arbeitslosigkeit wird sich durch die Finanzkrise wieder erhöhen. Der freie Personenverkehr mit der EU hat bisher den Wirtschaftsstandort Nordwestschweiz gestärkt und muss weitergeführt werden. In den letzten Jahren ist es jedoch häufig zu Lohndumping durch ausländische Firmen und Temporärbeschäftigte gekommen. Die beiden Kantone müssen deshalb die Arbeitsmarktüberwachung und die Bekämpfung der Schwarzarbeit verstärken.

6) Die Kantone Basel-Stadt und Basellandschaft führen für alle Sektoren, die keine gesamtarbeitsvertraglichen Löhne kennen, einen verbindlichen Mindestlohn von 13 mal Fr. 3'600.— ein.

7) Zur Sicherung der Arbeitsmarktfähigkeit von Arbeitnehmenden mit geringem Einkommen oder Qualifizierungsstand werden Programme und Umschulungsmöglichkeiten unentgeltlich angeboten. Für höher qualifizierte Arbeitnehmende aus dem Dienstleistungssektor werden Sonderprogramme zur Qualifizierung und Umschulung gestartet.