Nach ungenügendem und löchrigen Gegenvorschlag des Grossen Rats ist für Unia klar: Kein Rückzug der Mindestlohn-Initiative

Heute hat der Grosse Rat den Gegenvorschlag zur kantonalen Mindestlohn-Initiative «Kein Lohn unter 23.-» verabschiedet. Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes in Basel-Stadt ist unbestritten. Leider ist der Gegenvorschlag löchrig: Er nimmt Personen, die einem allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag oder einem Normalarbeitsvertrag jeweils mit Mindestlöhnen unterstehen, vom Gesetz aus. Zudem setzt er den Mindestlohn bei nur 21 Franken an. Dieser Gegenvorschlag wird weder den Bedürfnissen von Arbeitnehmenden mit Tiefstlöhnen noch dem Anspruch eines erfolgreichen und sozialen Basels gerecht. Für die Unia ist deshalb klar: Die Mindestlohn-Initiative kann nicht zurückgezogen werden. Nur ein Ja zur Initiative garantiert faire Löhne.

Ein Mensch muss mit dem Lohn einer Vollzeit-Stelle sein Leben bestreiten können: Diese Forderung ist in Basel-Stadt unbestritten: Wie vom Regierungsrat vorgeschlagen, hat der Grosse Rat heute einen Gegenvorschlag zur Initiative «Kein Lohn unter 23.-» verabschiedet. Doch das Kantonsparlament hat die Chance verpasst, auf die schwerwiegenden sozialen und wirtschaftlichen Probleme der Tiefstlöhne eine überzeugende Antwort gegeben.

Löchriges Schutznetz – zu tiefer Mindestlohn

Der Gegenvorschlag bietet somit nur ein löchriges Schutznetz für Arbeitnehmende in Tieflohnbranchen: Personen, die einem allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag mit Mindestlöhnen oder einem Normalarbeitsvertrag mit Mindestlöhnen unterstehen, sind ausgenommen. Damit werden Dumping-GAV Tür und Tor geöffnet und die GAV – eine Errungenschaft der Sozialpartnerschaft – werden stattdessen zu einem Instrument für Lohn-Dumping in denen sich Arbeitgeber mit Scheingewerkschaften zusammenschliessen, um den Mindestlohn zu unterminieren.

Zudem verschliesst der Grosse Rat die Augen vor der Realität, indem er den Mindestlohn bei nur 21 Franken ansetzt. Das reicht nicht zum Leben. Zum Vergleich: Im Kanton Neuenburg gilt bereits ein Mindestlohn von 20 Franken, obwohl tiefere Lebenskosten und geringere Wirtschaftsleistung vorherrschen als in Basel-Stadt. Mit Berechnungen und Vergleichen der allgemeinen Lebenskosten zu anderen Kantonen hatte das Initiativkomitee aus gutem Grund einen Mindestlohn von 23 Franken veranschlagt.

Volksinitiative kommt zur Abstimmung

Ein gesetzlicher Mindestlohn muss sicherstellen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Tieflohnbranchen ein faires Verdienst erhalten, das zum Leben reicht. Das entlastet gleichzeitig die öffentliche Hand. Der ungenügende, löchrige und geizige Gegenvorschlag des Grossen Rats ist unserem erfolgreichen Basel mit seiner sozialen Tradition unwürdig. Deshalb kommt für die Unia ein Rückzug Volksinitiative «Kein Lohn unter 23.-» nicht in Frage. Nur ein Ja zur Initiative garantiert faire Löhne.

Sanja Pesic, Co-Regioleiterin Unia Region Aargau-Nordwestschweiz und Mitglied des Initiativkomitees, bedauert die mangelnde Konsequenz des Grossen Rats: «Der Gegenvorschlag ist löchrig, ungenügend – und widersprüchlich: Zwar anerkennen Regierungsrat und Parlament, dass es einen gesetzlichen Mindestlohn braucht, machen dann aber gewichtige Ausnahmen und setzen ihn zu tief an. Das kann das erfolgreiche und soziale Basel viel besser – der vergleichbare Kanton Genf hat es im vergangenen Jahr mit einem Mindestlohn von 23 Franken vorgemacht. Deshalb: Ja zur Volksinitiative ‘Kein Lohn unter 23.-‘ am 13. Juni 2021!»